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Damals, Anfang der 80er Jahre platzte eine blaues Keyboard in mein Musikerleben. Der PPG Wave2, er übertraf ALLES was ich bis dahin gehört hatte. Damals lieh ich ihn mir bei Fischer+Seibel aus, einen Wave mit einer einstelligen Seriennummer und spürte die Spannung der beiden Umstände "den muß ich haben" und "unbezahlbar". Der Preis war fünfstellig.....
 

Ende der 80er wurde mein Wunschtraum wahr. Die Macher des Wave2 gründeten die Firma Waldorf und präsentierten der Welt den Microwave. Einzigartig im Klang, und technisch ganz weit vorne. Ein 68000 Prozessor (Atari /Amiga) für den digitalen und Curtis Chips für den analogen Bereich besorgte hohe Signalverarbeitung und einen oberfetten Sound. Endlich konnte ich mir den Traum vom PPG leisten und...er war besser als der PPG. Fortan schmückt dieses blaue Ding mit den roten Tupfen mein Rack produziert für alle Stilrichtungen der Musik geile Sounds und dient beim Test und Bugcheck ( MIDI Timingmessungen ) als Referenz.

Für das neue Jahrtausend setzt Waldorf jetzt die Tradition fort.

Was kommt da auf mich zu? Da der Microwave II nun komplett DSP gesteuert ist kann von einem Hardwareupgrade nicht die Rede sein. Er ist eine Reinkarnation.

Erster Überblick

Auf der Front des MW II finden wir ein Bedienfeld als Matrix, die sehr logisch und direkt mit 5 Tastern und dem Hauptendlosregler zu bedienen sind. Hierzu vier weitere Endlosregler die im direkten Bezug zum Display über ihnen stehen. Hinten gibt’s das MIDI Trio und zwei Stereoausgänge.

Technische Daten

10 Stimmen und 8-fach polyphon.

Die Blockübersicht:

2 Wavetable Oszillatoren mit 64 Wavetables je 63 Waves,

ein 12 und 24 db Filter in 6 Varianten, ein (weicher) 6 db Filter als Hoch- und Tiefpass.

Im bis zu achtfachen Multimode lassen sich die einzelnen Instrumente individuell in Lautstärke, MIDI-Kanal, Panorama, Out-put, Transpose, Detune, Velocity- und Key- Window sowie umfangreichen Arpeggiator einstellen. Gemeinsam die Lautstärke, 4 Controler und das Arpeggio-Tempo.

Systemupdates gibt es im Internet als SMF, sogar die Adresse finden wir auf der Systemseite im MW II! Eben-so wichtig: die installierte Version (mit Datum und Uhrzeit !!!) des Betriebs-systems im FlashROM.

Intuitive Bedienung/ Klang (First Contact )

Mann, haut der einen um: fett, dick, grell, warm, klar, zart und weich.. wie anders kann man einen so perfekten Sound beschreiben? Allein schon die Werk-Presets zeigen die Vielfalt der klanglichen Farbigkeit!

Die Klänge sind auch einzeln ohne viel layering prägnant und kraftvoll.

Ich war bezüglich der Bedienung nach einer halben Stunde "drin".

In der zweiten Session waren dann nahezu keine Fragen mehr offen. Die Bedienoberfläche ist logisch und selbsterklärend. Leute, die gerne eigene Sounds programmieren werden sich hier sehr wohl fühlen. Die deutsche Bedienungsan-leitung ist sehr ausführlich und gut zu lesen.

Gegenüber allen anderen virtuell analogen hat er aufgrund der Wavetablesynthese, die nur er bietet, viel mehr Wellenformen ( 4032 ! ) und durch die er auf vielerlei Weise scannen kann.

Grenzwerte

Gerade im typischen Einsatzgebiet des MW II (Dance/Techno/Elektronic) ist ein schnelles und exaktes Timing absolut das wichtigste.........Um das Timingverhalten des MW II zu testen schloß ich ihn direkt, ohne Patchbay, an meinen Logic Sequencer an.

Schon beim MW I kann man in einem Multisetup, während der Sequencer läuft die einzelnen Sounds editieren. Der MW II setzt noch einen drauf: jeder Klangparameter sendet seine Veränderungen als Controlerdaten in die Außenwelt. Das reizt natürlich, extremes Editieren mit dem Sequencer aufzuzeichnen und als Loop wiederzugeben. Das gleiche auch noch auf mehreren Spuren. Der MW II ließ sich aber nicht aus der Reserve locken, die simple 16tel Hihat Figur, die ich als Referenz auf dem achten Kanal laufen ließ, blieb straight im Takt. Einzig für Programchange Befehle und das Wechseln der Wavetables nahm sich der MW II etwas Zeit. Für die Fälle eines Notenhängers gibt es den Power Switch, der bei kurzem Antippen einen kurzen All-Notes-Off Befehl ins Gerät sendet, ein schönes Detail

Eine Messung

Um das Timingverhalten zu bestimmen habe ich mir im Logic Sequencer einen Testsong erstellt, zwei Events, einmal ein 10-Noten Cluster, alle Noten gleich und dann mit der gleiche Einzelnote. Im HD Recorder aufgezeichnet messe ich im Wave Editor die Länge der beiden Samples. Die Differenz der Länge der beiden zeigt die Verzögerung zwischen der ersten und der zehnten Note.

 

Angabe in ms:

10 Noten/ 1 Note/ Differenz

Nordlead 36 / 14 / 22

Microwave 19 / 3 / 16

Workstation 34 / 5 / 29

 

Wir erkennen, daß der MWII schneller ist als das Timing As Nordlead und viel schneller als eine 64-stimmige Workstation, die zehn Noten aus dem Ärmel schütteln sollte.

Fazit

Der Microwave II ist sehr individuelles und zeitloses Instrument für den Musiker auf der Suche nach einem eigenen Sound setzt er sich mit seinem starken Charakter wunderbar gegen das Romplereinerlei ab, und macht sowohl im Studio wie auch im Liveeinsatz eine gute Figur.

Für lohnenswerte DM 2650,- ein echtes Stück deutsche Wavearbeit.

 

Den muß ich haben!!!! 14.1.98

© JayAge Jörg Hüttemann